Jetzt wird klar, was VUCA wirklich bedeutet

Blogbeitrag von Katja Leimeister / erschienen bei mainproject digital (www.mainproject.eu)

 

Seit Jahren liest man, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft wandeln sich rasant und nur, wer gut antizipiert und sich strategisch darauf einstellt, kann dauerhaft Erfolg haben. Doch manch einer nahm die Veränderungen vielleicht mehr als schleichend wahr, da änderten sich mal unverhofft die Rohstoffpreise oder die gesetzlichen Vorgaben machten neue Produktionstechniken nötig, um Grenzwerte zu erreichen oder ein New Economist krempelte einzelne Branchen völlig um. Nicht so schlimm, solange es das eigene Geschäft nur am Rande tangiert, dachte manch einer. In der Regel reichte es, die Veränderungen in den Quartalszahlen zu analysieren und einzelne Maßnahmen anzupassen. Risikofreudige probierten auch mal was aus – eine eigene Plattform zum Beispiel oder nachhaltige Produkte oder die Digitalisierung von Arbeitsplätzen.

 

Alles Bekannte wird in Frage gestellt

 

Mit der weltweiten Pandemie ist nun aber (fast) jedes Unternehmen von VUCA betroffen. Es wird nicht nur an ein oder zwei Stellschrauben gleichzeitig geschraubt, nein, alles Bekannte wird in Frage gestellt: Wie können Preise für Waren kalkuliert werden, wenn die Rohstoffpreise massiv schwanken (man denke an negative Preise für Rohöl im März)? Wie können Lieferverpflichtungen eingehalten werden, wenn die Rohstoffe und Zulieferteile aus dem Ausland nicht versendet werden? Wie finden Geschäftsabschlüsse statt, wenn man einander nicht mehr besuchen kann? Wie können Kunden versorgt werden, wenn die Geschäfte geschlossen sind? Was ist, wenn die Akzeptanz eines Mund-Nasen-Schutzes fehlt, weil so kein echtes Einkaufserlebnis entsteht? Oder wenn Personal fehlt, weil es zur Risikogruppe zählt? Oder … 

 

Das wäre jetzt fein: in die Glaskugel schauen können

 

Als Chefin oder Chef heißt es nun, Ruhe auszustrahlen, in Digitalisierung zu investieren, Vertrauen in Homeoffice-Mitarbeiter zu setzen, neue Lieferanten zu suchen, neue Absatzmärkte zu erschließen, Mitarbeiter*innen zu schulen, … alles das, was man bislang aufgeschoben hatte, wird nun dringender denn je. Und je mehr man sich bisher auf den Lorbeeren ausgeruht hatte, desto schneller rächt sich nun eine Unternehmenspolitik, die das Halten den Status Quo zum Ziel hatte. Für einen Ausweg sollten Entscheider nun „eierlegende Wollmilchsäue“, sprich Alleskönner sein, die am besten auch eine zuverlässige Glaskugel beisitzen, mit der sie das Kommende vorzeitig sehen. So müssten sie gleichzeitig in allen Unternehmensbereichen strategisch und operativ agieren. Viele sehnen sich nach dem großen Plan, der sie aus der Krise führt, doch können sie nur „auf Sicht fahren“ – der Nebel der Unwägbarkeiten ist zu dicht, Prognosen schwierig.

 

Dass nun (fast) alle Unternehmen gleichzeitig und heftig vom Wandel betroffen sind, macht die Sache nicht einfacher, denn damit kommen noch mehr Variablen als üblich ins Spiel. Schließlich sind somit alle im Change-Modus. Während der eine vielleicht Löcher stopft und versucht sein Geschäftsmodell mit einigen Modifikationen am Laufen zu halten, entsteht vielleicht ein Wettbewerber mit einem disruptiven Modell. Die Gefahr, dass ein neuer Player die Branche aufmischt, war zwar auch schon vorher da, doch wird sie nun bedingt durch den allgemeinen Innovationsdruck ungleich größer, denn Not macht bekanntlich erfinderisch.

 

Jetzt agil werden

 

Jede Krise birgt auch Chancen, das ist richtig. Nicht einfach ist es jedoch, aus den zahlreichen Optionen zu entscheiden, was nun ein gewinnversprechender Weg sein könnte. Aus dem Bauch heraus entscheiden? Eine Nutzwertanalyse machen? Was könnte der Königsweg sein, um die Krise zu bewältigen? Viele agile Methoden verschaffen schnell einen (visuellen) Überblick, wo man steht und wo man hinmöchte. Dabei ist es gar nicht so wichtig, mit welchen Methoden genau man an die Sache herangeht. Wichtig ist, anfangen, ein gemeinsames Verständnis und Wollen zu entwickeln und erarbeitete Ideen so schnell wie möglich in den Markt bringen. Gerade in der jetzigen Zeit dürfen Sie den Mut haben, mit unfertigen Testprodukten (siehe Minimum Viable Product bei Lean StartUp) bei Ihren Kunden vorzusprechen. Denn wer weiß, vielleicht sind Sie damit der nächste Disrupter!

 

VUCA ist ein Akronym und steht für

 

V – Volatility (Volatilität)

U – Uncertainty (Unsicherheit)

C – Complexity (Komplexität)

A – Ambuigity (Mehrdeutigkeit)