Ein Blogartikel von Meike Schumacher
Bei der Entwicklung eines neuen Produktes spielt der Prototyp eine zentrale Rolle. Mit ihm bekommt die Idee erstmals ein Gesicht und macht sie „begreifbar“. Ich sehe in meinen Design Thinking Kursen regelmäßig Fragezeichen üben den Köpfen der Teilnehmenden aufsteigen, wenn sie ein Dienstleistungsprodukt entwickeln. Da kann man ja schließlich nicht einfach etwas „basteln“…, oder? Es gibt zahlreiche – auch einfache – Möglichkeiten eine Dienstleistung, wie ein Beratungsprodukt oder einen Service zu visualisieren, von denen ich dir heute einige vorstellen möchte.
Was ist ein Prototyp im Design Thinking?
Wer noch nichts mit Design Thinking zu tun hatte, denkt beim Wort „Prototyp“ vermutlich an den technischen Prototyp. Dieser dient entweder als Design-, Funktions- oder technischer Prototyp als Vorlage für eine Serienproduktion.
Im Gegensatz dazu setzt die Prototypentwicklung beim Design Thinking bereits in einem sehr viel frühen Stadium der Produktentwicklung an. Hier geht es darum schnell ein Feedback auf die Lösung
erhalten zu können. Die Darstellung der Lösung muss also nicht perfekt, sondern "erklärbar" sein! Nachdem du auf deinen Prototyp ein Feedback erhalten hast, gestaltest du einen neuen Prototyp und
stellst diesen wieder vor. Das machst du ein paar Mal, bis du der Meinung bist, ein „verkaufbares“ Produkt zu haben.
8 Wege eine Dienstleistung „erklärbar“ zu machen
Da, wie eben beschrieben, in der Regel mehr als ein Prototyp für ein Produkt erstellt wird, solltest du bei der ersten Darstellung deiner Dienstleistung nicht zu viel Mühe in die Perfektion der Darstellung investieren. Fange damit an, erst mal die grundsätzliche Idee, vorzustellen. Bei der zweiten oder dritten Runde, die dann vermutlich auch mehr Personen einschließt, kannst du dir mehr Mühe mit der Optik geben.
1. Das Rollenspiel
Eine recht einfache Darstellung einer Dienstleistung ist das Rollenspiel. Ziel ist es hierbei, dass Zuschauer und Personen, die als Tester an dem Rollenspiel teilnehmen, einen realistischen Eindruck von der dargestellten Situation erhalten. WICHTIG: das Rollenspiel ist kein „Theaterstück“ – es sollte interaktiv sein! Für die Planung empfiehlt es sich, die Story des Rollenspiels als Team zu entwickeln und die Kernaussagen für die einzelnen Rollen und Szenen schriftlich festzuhalten. Bevor das Rollenspiel gezeigt oder gar Außenstehende (Testkunden) einbezogen werden, sollte das Rollenspiel geübt werden
2. Das Erklärvideo
Mit Erklärvideos können komplexe Zusammenhänge, Abläufe, Dienstleistungen aller Art, aber auch die Nutzung von physischen Produkten und Software dargestellt werden. Du kannst hierzu mit deinem Team eine Szene spielen und filmen, etwas zeichnen und dazu sprechen oder eine Lösung für animierte Videos, wie z.B. Vyond (Foto) nutzen. Letzteres ist einfach umzusetzen und wirkt zudem schon sehr professionell.
3. Comic
Das „unbewegte“ Gegenstück zum Erklärvideo ist eine gezeichnete Geschichte in einzelnen Bildern. Völlig untalentiert solltest du beim Zeichnen nicht sein (dann kommst du aber vermutlich auch nicht auf die Idee ausgerechnet diesen Prototyp für dich auszuwählen) aber es muss auch keine „Disney-Qualität“ haben. Gleiche Personen sollten auf allen Bildern wiedererkennbar sein – hier tun es aber auch Strichmännchen mit Pullis in bestimmten Farben :-)
4. Business Model CanvasMit einem Business Model Canvas werden geschäftliche Zusammenhänge verschiedener Akteure wie Kunden, Hersteller oder Lieferanten aufgezeigt. Ein Business Model Canvas ist eine tolle Grundlange um Kundenbeziehungen, Kanäle, Wertversprechen etc. darzustellen, eignet sich zum Testen beim Nutzer aber nur bedingt, da der Nutzer mit den Dimensionen unter Umständen wenig anfangen kann. Auf Basis des Business Model Canvas kann aber beispielsweise eine Story erzählt werden. Vorlagen für ein Business Model Canvas kann man über einfache Google-Suche und auch als Template bei Mural oder Miro finden.
5. Service Blueprint
Mit diesem Prototyp werden Services strukturiert und einheitlich beschrieben. Eine solche Blaupause (engl. blueprint) setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
- Physische Anhaltspunkte: alle Stationen, die ein Kunde in einem Prozess durchläuft
- Kundenaktivitäten: alle Handlungen, die ein Kunde im Rahmen des Prozesses durchläuft
- Frontstage-Aktivitäten: sie stehen den Kundenaktivitäten direkt gegenüber und werden durch den Dienstleister erbracht
- Backstage-Aktivitäten: Aktionen die im Hintergrund, für den Kunden nicht sichtbar ablaufen
- Unterstützende Aktivitäten und Systeme: umfassen alle für den Fall relevanten Schritte, die jedoch nicht nur mit diesem Fall in Verbindung stehen.
6. Storytelling
Mit dieser Technik werden Szenarios dargestellt und präsentiert. Im Gegensatz zum Rollenspiel gibt es beim Storytelling nur einen Erzähler und keine Gruppe. Die Qualität dieser Prototyp-Variante
hängt also sehr stark von den sprachlichen Qualitäten und dem Auftreten des Erzählers ab.
7. Storywriting
Bei der Variante "Storywriting" werden Geschichten aufgeschrieben und können durch Bilder visualisiert werden. Wenn die Prototypen bei einer großen Menge an Personen getestet werden soll, bietet
dieser Prototyp den Vorteil, dass er einfach über E-Mail verteilt werden kann.
8. Podcast
Eine sehr einfache, aber nicht weniger gute Möglichkeit eine Dienstleistung „begreifbar“ zu machen, ist sie ganz einfach zu erklären. Ein Podcast wird in der Regel als Gespräch aufgenommen. Also
denke dir ein paar Fragen aus, die man dir zu der Dienstleistung stellen könnte und deren Antworten den Hörern den Kern des Produktes verstehen lässt. Wie beim Storywriting kannst du auch hier
den Link zum Podcast ganz einfach verteilen und dir so ein Feedback einholen.
Möglicherweise vermisst der ein oder andere in dieser Liste Prototypen für digitale Produkte. Da es hier so viele tolle Tools und Darstellungsformen gibt, werde ich dazu einen eigenen Beitrag schreiben. Damit du den nicht verpasst, abonniere am besten meine News!