Virtuelles Brainstorming – Rahmenbedingungen und nützliche Tools die das Sprudeln der Ideen unterstützen

Ein Blogbeitrag von Meike Schumacher

Als ich im Frühjahr 2020 das erste Mal einen Design Thinking Workshop online geplant habe, habe ich im Vorfeld hin und her überlegt, ob kreative Ideenentwicklung online überhaupt machbar ist. Für mich war Brainstorming untrennbar mit dem Beschriften von Whiteboards und Metaplanwänden, dem Kleben unzähliger Post-its und Bewegung im Raum verbunden. Vorm Bildschirm sitzen passte da für mich nicht ins Bild. Da zu dieser Zeit (und teilweise auch heute noch) meine Wahlmöglichkeit nur zwischen „online durchführen“ und „absagen“ meiner Workshops bestand, habe ich im Eilverfahren alles auf online umgestellt.

 

Worauf kommt es beim Brainstorming wirklich an
Natürlich sollten die Workshops nicht nur irgendwie durchgezogen werden, sondern genauso gute Ergebnisse liefern, wie in Live-Veranstaltungen. Als ich also darüber nachdachte, worauf es beim Brainstorming wirklich ankommt, kam ich auf drei wesentlich Bestandteile: Kommunikation, Kollaboration und Dokumentation.


Bei der Kommunikation ist es wichtig, dass alle Teammitglieder gleichermaßen zu Wort kommen können und die Kommunikation auf Augenhöhe stattfindet. Hierzu hat es üblicherweise einen Moderator, der darauf achtet, dass die Wortbeiträge von unterschiedlichen Leuten kommen und sich die Teammitglieder ausreden lassen. Während des Brainstormings findet noch keine Bewertung der Ideen statt und Killerphrasen sind sowieso ein absolutes no-go.


Die Kollaboration – das Zusammenspiel – der einzelnen Teammitglieder ist dann am effektivsten, wenn permanent Ideen aufgegriffen und weiterentwickelt werden können: Klebt eine Person ein Post-it mit einer Idee ans Board, schreiben schon zwei weitere ihre Assoziationen dazu auf usw. Für ein produktives Assoziieren sollte also gleichzeitig und nicht nur nacheinander gearbeitet werden können (Anmerkung: es gibt auch andere Arten der Ideenentwicklung, wie etwa das „Brainwriting“, wo nacheinander gearbeitet wird. Aus meiner Sicht ist ein gemeinsames Assoziieren dem jedoch vorzuzuziehen).


Die Dokumentation ist das Ergebnis der Kollaboration – also das Board an dem die ganzen Zettel kleben. Diese Zettel können jederzeit neu sortiert und zu Themenfeldern zusammengefasst werden. Am Ende wird das Board meistens fotografiert (oder ein besonders ordentlicher Teilnehmer fasst das Ganze noch mal in einem Word- oder Excel-Dokument zusammen).


Und jetzt online – auf diese Rahmenbedingungen solltest du achten
Die gute Nachricht vorweg – meine TeilnehmerInnen und ich haben überraschend gute Erfahrungen mit dem Online-Brainstorming gemacht und – natürlich – über die Zeit dazu gelernt. Auf einige Rahmenbedingungen solltet ihr achten, damit ihr euch auf die eigentliche Ideenfindung konzentrieren könnt:

  1. Alle Teilnehmer sollten jeweils an einem Ort mit stabiler Internetverbindung sein. Klingt selbstverständlich, ist es aber leider nicht unbedingt immer. Es stört das Brainstorming erheblich, wenn ständig jemand im Bild eingefroren oder kaum zu verstehen ist.
  2. Vorab solltet ihr ein bisschen Zeit zum Testen der Technik einplanen. Wenn ihr alle im gleichen Unternehmen arbeitet die Technik nutzt, die ihr alle ohnehin aus der täglichen Arbeit kennt, ist das nicht nötig – falls nicht, dann schon!
  3. Nicht zu lange Sessions. Ein Brainstorming kann natürlich etwas dauern und wenn ihr gerade im Flow seid, wäre es ungünstig eine zwanghafte Pause einzulegen. Ihr werdet jedoch vermutlich merken, dass die Aufmerksamkeit am Bildschirm schneller nachlässt, als im Kreativraum. Daher plant kürzere Sessions und lieber eine Pause mehr mit ein.
  4. Plant mit weniger Teilnehmern pro Gruppe als ihr das in Live-Veranstaltungen tun würdet. In Online-Meeting-Systemen funktioniert „durcheinanderreden“ nicht wirklich gut. Um also alle Teammitglieder gleichermaßen am Geschehen zu beteiligen sollte eher in kleineren Gruppen gearbeitet werden. Wenn ihr mehr Leute am Kreativprozess beteiligen möchtet, arbeitet besser in parallelen Sessions (siehe unten).

Diese Tools können dich und dein Team beim virtuellen Brainstorming unterstützen
Die meisten von euch werden spätestens seit Beginn der Pandemie zahlreiche Erfahrungen mit Kommunikationstools, wie Zoom, Webex, Teams, BigBlueButton etc. gesammelt haben. Für eine Ideenentwicklung mit vielen Teilnehmern bieten sich Systeme an, die Break-Out-Sessions (also einzelne Gruppenräume innerhalb des Online-Meetings) ermöglichen.


Zum Erfassen der Ideen ist es hilfreich mit einem Tool zu arbeiten, auf das alle Teilnehmer gleichzeitig zugreifen können. Die einfachste (aber nicht unbedingt beste) Lösung ist die Whiteboard-Funktion, die viele Meeting-Tool bieten. Hier können zwar alle gleichzeitig schreiben, aber das Geschriebene lässt sich nicht so gut am Ende der Ideenfindung sortieren. Falls ihr dennoch damit arbeiten möchtet, denkt unbedingt daran, das Geschriebene noch irgendwo abzuspeichern. In der Regel wird das Whiteboard nämlich nicht automatisch (wie der Chatverlauf) gespeichert (schmerzhafte Erfahrung, die ich anderen gerne erspare!)


Für mich haben sich insbesondere die zwei Tools mural und miro für Brainstormings und andere Kreativprozesse, die online stattfinden, bewährt. Bei diesen Tools können virtuelle Post-Its geklebt und wieder verschoben werden und eigentlich alles gemacht werden, was man auch live auf einem Whiteboard oder Tafel könnte. Zudem können bei miro Dateien, wie Bilder oder Dokumente eingebaut werden und es gibt bei beiden Tools viele Vorlagen um mit den Ideen dann weiterzuarbeiten (z.B. Businessmodel Canvas). Die Tools sind, wie zu erwarten, kostenpflichtig. Um einen ersten Eindruck zu bekommen, kann man mural 30 Tage kostenfrei testen. Miro ist in der Basisversion kostenfrei, was für einen ersten Eindruck auch schon mal super ist. Um im Unternehmen damit arbeiten und alle Funktionen nutzen zu können, sollte jedoch auf eine kostenpflichtige Version zugegriffen werden.


Noch einen letzten Tipp habe ich zum Abschluss: Wenn du die Möglichkeit dazu hast, arbeite mit zwei (verbundenen) Bildschirmen! Das muss natürlich nicht sein, ist aber übersichtlicher. Wenn du nur einen Bildschirm hast, schalte am besten die Kacheln, in denen die anderen Teilnehmer zu sehen sind weg, bzw. so klein wie möglich. Dann könnt ihr euch zwar nicht mehr sehen, habt aber eure Ideen alle im Blick.


Fazit: mit ein bisschen Vorbereitung und den richtigen Tools macht Brainstorming auch online Spaß und bringt genauso gute Ergebnisse. Meistens sind virtuell durchgeführte Brainstormings zudem besser und übersichtlicher dokumentiert und man kann mit den Dokumenten problemlos weiterarbeiten (vor allem im Vergleich zu abfotografierten Flipcharts!).